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„Es gibt Chefinnen, die man in jedem Schurkenstaat als Diktator anstellen könnte.“

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Im 51. Jahrgang an der DJS lernen 29 Frauen und 16 Männer. Vereine wie Pro Quote fordern bis 2017 eine Frauenquote von 30 Prozent in den Führungsetagen deutscher Medien. Und werden dafür mal gelobt, mal kritisiert.  Fünf Fragen zu Frauen in Chefetagen an Carin Pawlak, stellvertretende Chefredakteurin und Leiterin des Ressorts „Kultur & Leben“ beim Nachrichtenmagazin FOCUS.

Frau Pawlak, braucht der Journalismus eine Frauenquote?

Was mich an der starren Quote stört, ist das Gefühl der Gängelung. Ich möchte wählen können, wen ich für welchen Job haben will. Wenn ein Mann für eine Position beim FOCUS fachlich und charakterlich geeigneter scheint, dann bekommt er die Stelle. Wäre ich komplett für die Frauenquote, müsste ich mich zu sehr einschränken. Ich bin inzwischen aber auch am Hadern. Weil sich ohne Quote vermutlich nichts ändern wird, das haben wir ja in der Wirtschaft erlebt. Es gibt übrigens unter den männlichen Chefredakteuren viele vermeintliche Quoten-Befürworter, die sich dann doch wieder einen Mann holen. Da wird unglaublich viel gepost, weil es so toll dem Zeitgeist entspricht.

 Wie kommen Frauen dann nach oben? 

Ich sage anderen Frauen: Seid gut und mutig! Holt Euch, was Euch zusteht! Das klingt banal. Aber wenn Ihr einen guten Job macht und das signalisiert, dann nimmt man Euch auch wahr. Ich weiß, wer in der Redaktion Lust hat, mehr Verantwortung zu übernehmen. Und die bekommen diese Frauen dann auch. Ich arbeite mit Kolleginnen, die haben zwei oder drei Kinder und sind in Führungspositionen. Und die kommen nicht permanent mit hängender Zunge um die Ecke.

Wussten Sie schon immer, dass Sie in die Chefredaktion wollen?

 Nein, das war nicht geplant. Und ich halte Karrieren generell nicht für planbar. Das macht einen nur verkrampft. Bei mir war es eine Mischung aus: gute Arbeit liefern, Präsenz zeigen –und auch ein bisschen dominant sein. Ich war damals die erste Ressortleiterin beim FOCUS, noch dazu die jüngste. Und manche männlichen Kollegen haben extra kritisch hingeschaut, wie ich arbeite. Wenn ich diesen Job versemmelt hätte, wäre ich jetzt nicht da, wo ich heute bin. Die Kollegen sind aber eben nicht schreiend weggelaufen. Sondern haben eigentlich meistens gesagt: „Mit Mutti ist es ganz schön.“

Mit Mutti?

Ja, das hat mit meiner Art zu tun. Ich kümmere mich unglaublich gerne. Und nicht, weil ich glaube, dass mir das Smileys und Bonuspunkte im Hausaufgabenheft bringt. Ich bin als Mensch so. Wenn es den Kollegen gut geht, fühle ich mich auch wohl.

Ist das weiblicher Führungsstil?

Nehmen Sie Helmut Markwort, den FOCUS-Gründer und langjährigen Chefredakteur. Er hat bei aller viriler Kraft gleichzeitig einen sehr weiblichen Führungsstil. Er ist ein unglaublich kluger, warmherziger, neugieriger Chef, gar nicht autokratisch oder ichbezogen wie viele Männer. Und umgekehrt gibt es Chefinnen, die man in jedem Schurkenstaat als Diktator anstellen könnte.


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